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Walter Gropius – der Gründer des Bauhaus

Das Bauhaus-Logo, 1922 entworfen von Oskar Schlemmer
Bauhaus-Logo, entworfen von Oskar Schlemmer 1922                    
Walter Gropius um 1919, Bauhausdirektor 1919-1928,  Foto: Louis Held
Walter Gropius 1919 Direktor 1919-1928  Foto: Louis Held

Während der Weimarer Republik, in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg, gründete der Architekt Walter Gropius das Bauhaus, eine Schule für Industriedesign, in der handwerkliche und künstlerische Fähigkeiten vermittelt wurden. Seine Bauhausschule existierte fast vierzehn Jahre lang, zuerst in Weimar, anschließend in Dessau und zuletzt in Berlin, bevor sie 1933 endgültig von der NSDAP geschlossen wurde. Im Bauhaus studierten und unterrichteten insgesamt über 1200 Menschen.

Berlin | 1883 – 1903

Kindheit und Jugend in Tiergarten

Walter wurde im Mai 1883, während der Kaiserzeit, in Berlin geboren. Sein Vater war preußischer Beamter beim Polizeipräsidium und seine Mutter Manon die Tochter des Politikers Georg Scharnweber. Walter  wohnte in gutbürgerlichen Verhältnissen. Gemeinsam mit seinen Eltern, seinen beiden älteren Schwestern Elise und Manon und seinem kleinen Bruder Georg wohnte er in verschiedenen Wohnungen im heutigen Berliner Stadtteil Tiergarten, vermutlich rund um den Magdeburger Platz. Während seiner Kindheit wurde der Landwehrkanal verbreitert und die erste Berliner U-Bahn-Strecke gebaut. Sein Vater Walther war, als Bauinspektor, für die Bauaufsicht der Großbaustelle zuständig. 

Bau der Hochbahnbrücke über den Berliner Landwehrkanal circa 1900- Autor: unbekannt
Bau der Hochbahnbrücke über den Berliner Landwehrkanal circa 1900- Autor: unbekannt

München, Berlin | 1903 – 1914

Studium und erste Berufspraxis

Im Jahr 1903 schrieb sich Walter Gropius mit 23 Jahren für ein Architekt-Studium an der Technischen Universität (TU) München ein. Der Großneffe des Architekten Martin Carl Philipp Gropius studierte dort drei Jahre u.a. Baugeschichte bei Friedrich von Thiersch, mittelalterliche Baukunst bei Heinrich von Schmidt und Gebäudekunde bei Carl Hocheder.

echs Assistenten von Behrens am Arbeitsplatz: (von li.) Mies van der Rohe, Meyer, Hertwig, Weyrather (dahinter), Krämer, Gropius (mit Plan) (1908) - QuelleC. Arthur Croyle: Hertwig: The Zelig of Design. Culicidae Press, 2011, S. 102. ISBN 978-1494244835.
Assistenten von Behrens am Arbeitsplatz: (von li.) Mies van der Rohe, Adolf Meyer, Hertwig, Weyrather (dahinter), Krämer, Gropius (mit Plan) 1908

Mit 26 Jahren wechselte er an die technische Universität (TU) Berlin, brach das Studium ab und begann 1908 im Architekturbüro Peter Behrens. Das Büro des gebürtigen Hamburgers befand sich auf dem Erdmannshof in Steinstücken, direkt an der Grenze zu Babelsberg. Behrens hatte das Corporate Design für die Firma AEG entworfen, die derzeit eine Turbinenfabrik in der Huttenstraße in Berlin-Moabit baute. Kollegen von Walter Gropius waren u.a. Adolf Meyer, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier, alle Verfechter der neuen Sachlichkeit.

Alma mit ihrer Tochter Anna nach dem Tod des Vaters Gustav Mahler, Wien 1912
Alma mit Tochter Anna nach dem Tod von Gustav Mahler, Wien 1912
 Walter Gropius um 1910
Gropius um 1910

Im Jahr 1910 machte er sich als Architekt selbständig. Durch die Vermittlung des Kunstmäzens Karl Ernst Osthaus wurde er Mitglied im Deutschen Werkbund (DWB), einer Vereinigung von Künstlern, Architekten und Unternehmern, die sich regelmäßig in München trafen. Im Juni begann er eine Affäre mit Alma, der Ehefrau des Komponisten Gustav Mahlers, die er bei einer Kur in Tobelbad in der Steiermark kennenlernte.

Ein Jahr später startete er 1911 sein erstes Projekt als selbständiger Architekt. Er übernahm die Fassadengestaltung beim Fagus-Werk, einer Schuhleistenfabrik, die nach Plänen von Eduard Werner und Adolf Meyer in Alfeld an der Leine gebaut wurde.

Das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine um 1912, erbaut von den Architekten Walter Gropius und Adolf Meyer in der Zeit von 1911-bis 1914 Foto: Edmund Lill, Quelle: Neue Baukunst! Architektur der Moderne in Bild und Buch
Das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine um 1912, erbaut von den Architekten Walter Gropius und Adolf Meyer in der Zeit von 1911-bis 1914, Foto: Edmund Lill, Quelle: Neue Baukunst! Architektur der Moderne in Bild und Buch
Die Eltern Walter Gropius und Alma Mahler mit ihrer Tochter Manon Gropius (1918) - Author: StefanoLuca
Walter Gropius und Alma Mahler mit ihrer Tochter Manon 1918 – Author: StefanoLuca

 

Berlin | 1914 – 1918

Hochzeit und Tochter im ersten Weltkrieg 

Im Sommer 1914 begann der erste Weltkrieg und Walter Gropius diente als Unteroffizier der Reserve an der Westfront. Im Februar 1915 besuchte ihn Alma in Berlin und er heiratete sie am 18. August des selben Jahres. Nach zwei Tagen Sonderurlaub musste Gropius wieder zurück an die Front und wurde verwundet.  Ein Jahr später kam, im Oktober 1916, ihre Tochter Manon zur Welt.

Cover des Bilderbuchs
Cover des Bilderbuchs „Klein-Rainers Weltreise“ von Lily Hildebrandt 1918

Zwei Jahre später begann er in Stuttgart eine Affäre mit Lily,  der Ehefrau des Kunsthistorikers Hans Hildebrandt und Tochter des Direktors der Union-Werke Mannheim-Berlin. Lily war eine Schülerin des Malers Adolf Hölzel und stellte eines ihrer Werke im Stuttgarter Kunstmuseum in seinem Expressionisten-Saal (Saal 6) aus. Die Ausstellung wurde 1918 vom „Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein“ organisiert.

 

 

Berlin | 1918 / 1919

Umbruchzeiten nach dem Krieg

Nach der Novemberrevolution und der Ausrufung der ersten deutschen Republik, dankte Kaiser Wilhelm im November 1918 ab. Im Dezember gründete sich die Novembergruppe, eine Künstlervereinigung, die u.a. ein Mitspracherecht bei öffentlichen Bauaufgaben sowie eine Reform der Kunsthochschulen forderte. Die Geschäftsstelle war in der  Potsdamer Straße in Berlin. In den ersten Monaten traten über 150 Künstler bei, viele aus dem redaktionellen Umfeld der Zeitschrift „Der Sturm“ von Herwarth Walden. Beim ersten Treffen war der Maler Oskar Kokoschka anwesend, ein ehemaliger Liebhaber von Alma.

Holzschnitt von Max Pechstein 1919 auf dem Titelbild des Buches
Holzschnitt von Max Pechstein 1919 auf dem Titelbild des Buches „Arbeitsrat für Kunst 1918-1921″ von Akademie der Künste, ISBN 13: 9783883319162

Walter Gropius engagierte sich im Arbeitsrat für Kunst (AfK), einer Gruppe revolutionärer Künstler, die von Bruno Taut gegründet wurde. Fünf Jahre später baute er die Hufeisensiedlung in Berlin-Neukölln, die seit 2008 zum UNESCO-Welterbe zählt. Taut startete einen geheimen Briefwechsel mit gleichgesinnten Architekten, zu denen auch Walter Gropius gehörte. Taut unterschrieb seine Briefe der gläsernen Kette mit dem Pseudonym „Glas“ und Walter Gropius verwendete „Maß“.  Der Arbeitsrat arbeitete eng mit dem Deutschen Werkbund und der Novembergruppe zusammen. Über 100 Künstler aus dem In- und Ausland unterstützen den Arbeitsrat, unter anderem Gerhard Marcks, Karl Ernst Osthaus und Adolf Meyer. In einem Flugblatt vom 1. März 1919 veröffentlichte die Gruppe Ihren Leitsatz: 

Kunst und Volk müssen eine Einheit bilden.
Die Kunst soll nicht mehr Genuß weniger, sondern Glück und Leben der Masse sein. Zusammenschluß der Künste unter den Flügeln einer großen Baukunst ist das Ziel.

Weimar | 1919

Gründung, Schulkonzept und erste Bauhaus-Meister  (Feininger, Marcks und Itten)

Im April 1919 trat Walter Gropius mit 35 Jahren die Nachfolge von Henry van de Velde an, einem Jugendstil-Architekten, den er aus dem deutschen Werkbund kannte. Er wurde Direktor der Hochschule für Bildende Kunst in Weimar und übernahm mit seinem neuen Amt auch die, seit 1915 geschlossene,  Kunstgewerbeschule.  Gropius nannte den Schulkomplex Staatliches Bauhaus Weimar.  Anfangs lernten etwa 160 Studierende am Bauhaus, darunter viele Frauen, die seit diesem Jahr grundsätzlich gleichberechtigt waren. Die Voraussetzung für eine Aufnahme an der Schule war eine bestandene Eignungsprüfung und eine Aufnahmegebühr von 20 Mark. Darüber hinaus kostete die Ausbildung in den Werkstätten 180 Mark Lehrgeld pro Jahr. Die Schüler begannen als Lehrlinge, wurden im zweiten Jahr Gesellen und nach bestandener Abschlussprüfung Jungmeister. Die Lehrenden der Schule wurden als Meister bezeichnet. Alle Werkstätten wurden von Handwerksmeistern geleitet, denen Walter Gropius Formmeister  (künstlerische Leiter) zur Seite stellte.

Kathedrale - Holzschnitt von Lyonel Feininger im April 1919 - Titelblatt des Bauhausmanifestes des Staatlichen Bauhaus Weimar, Bauhaus-Archiv Berlin / © VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Kathedrale – Holzschnitt von Lyonel Feininger – Titelblatt des Bauhaus-Manifest des Staatlichen Bauhaus Weimar, Bauhaus-Archiv Berlin 
Lyonel Feininger 1922 | Bauhausmeister 1919–1932 | Foto von Hugo Erfurth
Lyonel Feininger 1922 Meister 1919–1932, Foto: Hugo Erfurth

In der ersten Zeit pendelte Gropius zwischen seiner Freundin Lily in Stuttgart, der Familienvilla an der Ostsee, seiner Familie in Wien und dem Hotel Elephant in Weimar, wo er seine Aufgaben als Direktor wahrnahm.  Als ersten Formmeister rief Gropius Lyonel Feininger ans Bauhaus, ein Mitglied der Berliner Secession und Mitstreiter aus dem Arbeitsrat für Kunst. Der gebürtige New Yorker zog im Sommer, mit seiner Frau Julia und seinen Söhnen nach Weimar.  Er arbeitete zunächst in der Druckerei des Buchbindemeisters Otto Dorfner. Anfangs unterstützte ihn Professor Walther Klemm , der bereits seit einigen Jahren an der Kunsthochschule tätig war. Gemeinsam mit Gropius druckten sie zusammen das neue Schulprogramm, das Bauhaus-Manifest mit ihrer Vision:

Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte! Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens.

Johannes Itten um 1920 | Bauhausmeister 1919–1923 | Foto von Paula Stockmar (as mentioned at https://bauhaus.daserste.de/credits)
Johannes Itten 1920    Meister 1919–1923, Foto: Paula Stockmar (credits)
Gerhard Marcks um 1924 | Bauhausmeister 1919 - 1924 | Foto: © Bauhaus-Archiv Berlin / unbekannt
Gerhard Marcks 1924  Meister 1919 – 1924, Foto: Bauhaus-Archiv Berlin / unbekannt

Zum Wintersemester rief er zwei weitere Formmeister ans Bauhaus. Für die Keramikwerkstatt,in Schmidts Ofenfabrik in der Weimarer Jakobsvorstadt, stellte er den Berliner Bildhauer Gerhard Marcks ein. Marcks war ebenfalls Mitglied der Berliner Secession und des Arbeitsrat für Kunst. Er gestaltete Tierfiguren für das Geschirr einer thüringischen Porzellanfabrik und arbeitete für eine Steingutfabrik in der Kleinstadt Velten. Im Oktober zog der gebürtige Schweizer Johannes Itten in eine Weimarer Villa. Itten war ein Schüler von Adolf Hölzel in Stuttgart und Herwarth Walden hatte in seiner Sturm-Galerie eine Ausstellung von Ittens Werken organisiert. Der 30-jährige Mazdaznan-Anhänger entwickelte den ersten Vorkurs am Bauhaus, gemeinsam mit der Gesangslehrerin Gertrud Grunow, die an der Schule Harmonielehre unterrichtete. Johannes Itten wurde Formmeister der Textilwerkstatt, die von der Handarbeitslehrerin der ehemaligen Kunstgewerbeschule Helene Börner geleitet wurde. In der Weberei lernten etwa zwanzig weibliche Lehrlinge.

Gebäude der Hochschule für Bildende Kunst in Weimar, Architekt: Henry van de Velde / Foto: Louis Held, um 1911, © Klassik Stiftung Weimar / © VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Gebäude der Hochschule für Bildende Kunst in Weimar, Architekt: Henry van de Velde / Foto: Louis Held, um 1911, © Klassik Stiftung Weimar / © VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Die ehemalige Großherzogliche Kunstgewerbeschule um 1919 - Foto: unbekannt
Die ehemalige Kunstgewerbeschule in Weimar um 1919 – Foto: unbekannt;
Bauhaus Studentinnen in der Weberei um 1919 - Fotograf: unbekannt
Bauhaus Studentinnen in der Weberei um 1919 – Fotograf: unbekannt
Wohnung der Familie Feininger im rechten Teil des Doppelhauses in der Gutenbergstraße 16 in Weimar
Wohnung der Familie Feininger im rechten Teil des Doppelhauses in der Gutenbergstraße 16 in Weimar
Buchbinderwerkstatt Otto Dorfner in Weimar
Buchbinderwerkstatt Otto Dorfner in Weimar
Wohnung von Johannes Itten in einer Villa in der Leibnizallee 1 in Weimar
Wohnung von Johannes Itten in einer Villa in der Leibnizallee 1 in Weimar

Weimar | 1920 – 1923

Neue Meister am Bauhaus (Muche, Klee, Schlemmer, Schreyer, Hartwig, Dell und Kandinsky) 

Im nächsten Jahr willigte Walter Gropius in die Scheidung mit Alma ein und zog nach Weimar um. Er richtet am Bauhaus neue Werkstätten für Wand-und Glasmalerei ein. Meister Itten malte mit seinem Gesellen Hinnerk Scheper die Flure und die Kantine der Schule farbig an und sein Lehrling Josef Albers gestaltete das Fenster Scherben im Gitterbild. Ittens Vorkurs wurde für alle Schüler obligatorisch und die Weberei zur reinen Frauenklasse. Meister Feininger druckte seine Mappe Zwölf Holzschnitte. Im März kündigte Schmidts Ofenfabrik ihren Mietvertrag mit dem Bauhaus und  Meister Marcks richtete im 20 Kilometer entfernten Dornburg (Saale) eine neue Keramikwerkstatt ein. Gemeinsam mit dem ansässigen Töpfermeister Max Krehan bildete er dort die Lehrlinge Marguerite Friedlaender und Otto Lindig aus. Vermutlich lebte er bis 1924 mit seiner Frau Maria und seinen ersten vier Kindern in Dornburg. 

Paul Klee 1911 | Bauhausmeister 1920–1931 | Foto von Alexander Eliasberg
Paul Klee 1911 Meister 1920–1931, Foto: Alexander Eliasberg
Georg Muche 1916 | Bauhausmeister 1920–1927 | Foto: unbekannt
Georg Muche 1916    Meister 1920–1927,  Foto: unbekannt

Im Jahr 1920 stellte Walter Gropius zwei weitere Meister ein. Der 25-jährige gebürtige Querfurter Georg Muche wurde zunächst Formmeister der Holzbildhauerei. Er war ebenfalls Mitglied der Novembergruppe und hatte seine Arbeiten in der Sturm-Galerie von Herwarth Walden ausgestellt, u.a. gemeinsam mit Paul Klee. Später übernahm er die Leitung der Weberei und ließ dort Meterware, die sogenannten Bauhaus-Stoffe, herstellen. 1922 heiratete er die Studentin Elsa Franke, die ihre Ausbildung in der Weberei absolvierte. Im Oktober 1920 kam auch Paul Klee als Formmeister der Druckerei ans Bauhaus. Klee war ein Gründungsmitglied der Neuen Münchner Secession, die regelmäßig Ausstellungen im Münchner Kunstverein organisierte.

Josef Hartwig 1921 | Bauhauswerkmeister 1921–1925 | Foto Hermann Eckner
Josef Hartwig 1921      Meister 1921–1925, Foto Hermann Eckner
Lothar Schreyer 1922 | Bauhausmeister 1921–1923 | Foto: unbekannt
Lothar Schreyer 1922  Meister 1921–1923,  Autor: unbekannt
Oskar Schlemmer 1920 | Bauhausmeister 1921–1929 | Foto von Hugo Erfurth | Bauhausmeister 1921–1929 |
Oskar Schlemmer 1920  Meister   1921–1929, Foto: Hugo Erfurth

Nach dem Weggang von Walter Klemm übernahm Feininger 1921 die Leitung der Druckerei. Dort entstanden die Mappen Neue Europäische Graphik und Ypsilon von Georg Muche. Paul Klee unterrichtete , anfangs alle zwei Wochen, Farb- und Form-lehre und zog im September mit seiner Frau Lily und seinem Sohn Felix nach Weimar. Der gebürtige Stuttgarter Oskar Schlemmer zog im Januar, frisch verheiratet, mit seiner Frau Helena nach Weimar und unterrichtete in der Wandmalerei-Werkstatt. Meister Schlemmer war, wie Johannes Itten, ein Schüler von Adolf Hölzel und hatte einige Werke auf der Kölner Werkbundausstellung ausgestellt. Für die neu errichtete Bühnenwerkstatt rief Gropius Lothar Schreyer ans Bauhaus. Der gebürtige Dresdner war Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und arbeitete als Redakteur für die Zeitschrift Der Sturm. Der gebürtige Münchner Josef Hartwig, der in Berlin als Bildhauer für Grabmalkunst arbeitete, wurde Meister der Stein- und Holzbildhauerei.

Wassily Kandinsky 1913 | Bauhausmeister 1922–1933 | Autor: unbekannt
Wassily Kandinsky 1913  Meister  1922–1933, Autor: unbekannt
Christian Dell , Bauhausmeister 1922 - 1925, Foto: unbekannt
Christian Dell    Meister 1922 – 1925, Foto: unbekannt

Im Sommer 1922 kamen der Silberschmied Christian Dell  und Wassily Kandinsky ans Bauhaus. Christian Dell wurde Werkmeister der Gold-Silber-Kupferschmiede, die später zur Metallwerkstatt wurde. Anfangs wurden dort hauptsächlich Einzelstücke hergestellt. Kandinsky unterrichtete Farb- und Formenlehre und zog ein Jahr später mit seiner zweiten Frau Nina nach Weimar. Als Ittens ehemaliger Geselle Hinnerk Scheper seine Maler-Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Weimar ablegte und seine Kommilitonin Louise Berkenkamp heiratete, wurde Kandinsky Formmeister der Wand-malerei.  Meister Feininger druckte die Mappe Kleine Welten mit Arbeiten von Kandinsky. Gropius übernahm die Tischlerei, in der die Möbel für sein Direktorenzimmer angefertigt wurden. Der Lehrling Peter Keler tischlerte dort die Bauhaus-Wiege.

Wohnung von Walter Gropius in der Steubenstraße 32 in Weimar
Wohnung von Walter Gropius in der Steubenstraße 32 in Weimar
Scherben im Gitterbild von Josef Albers 1921 - The Josef and Anni Albers Foundation, Bethany. © The Josef and Anni Albers Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Scherben im Gitterbild von Josef Albers 1921 – The Josef and Anni Albers Foundation, Bethany. © The Josef and Anni Albers Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Dornburg: Goethe-Schloss und Naschhausen 1905 - Postkarte vom Brück & Sohn Kunstverlag Meißen
Dornburg: Goethe-Schloss und Naschhausen 1905 – Postkarte vom Brück & Sohn Kunstverlag Meißen
Ehemaliger Marstall der Dornburger Schlösser im Oktober 2008 - Foto: Jwaller
Ehemaliger Marstall der Dornburger Schlösser im Oktober 2008 – Foto: Jwaller
Wohnung von Georg Muche im rechten Teil der ersten Etage in der Steubenstraße 40 in Weimar
Wohnung von Georg Muche im rechten Teil der ersten Etage in der Steubenstraße 40 in Weimar
Wohnung von Paul Klee in der ersten Etage der Villa Am Horn 53 in Weimar.
Wohnung von Paul Klee in der ersten Etage der Villa Am Horn 53 in Weimar. 
Wohnung von Oskar Schlemmer in der Prellerstraße 14 in Weimar
Wohnung von Oskar Schlemmer in der Prellerstraße 14 in Weimar
Wohnung von Wassily Kandinsky im 2. Stock in der Wilhelm-Külz-Straße 3 (ehemalige Südstraße) in Weimar
Wohnung von Wassily Kandinsky im 2. Stock in der Wilhelm-Külz-Straße 3 (ehemalige Südstraße) in Weimar

Weimar | 1923- 1925

Moholy-Nagy wird Ittens Nachfolger, die Bauhausausstellung und Schließung des Bauhaus Weimar

Im März 1923 verließ Itten das Bauhaus und schloss sich der Mazdaznan Tempel-Gemeinschaft in Herrliberg bei Zürich an. Nach Ittens Weggang wurde Paul Klee künstlerischer Leiter der Glasmalerei.

LIS - Öl auf Leinwand, Gemälde von László Moholy-Nagy aus dem Jahr 1922, Kunsthaus Zürich
LIS – Öl auf Leinwand, Gemälde von László Moholy-Nagy 1922, Kunsthaus Zürich
László Moholy-Nagy um 1930 | Bauhausmeister 1923–1928 | Foto von Hugo Erfurth
László Moholy-Nagy um 1930  Meister 1923–1928, Foto: Hugo Erfurth

Meister Ittens Nachfolger, László Moholy-Nagy, übernahm dessen Wohnung, den Vorkurs und die künstlerische Leitung der Metallwerkstatt. Der ehemalige Jura-Student wuchs in einem ungarischen Dorf auf und begann nach dem Krieg zu malen. Er emigrierte 1920 nach Berlin, heiratete dort ein Jahr später die Fotografin Lucia und präsentierte seine erste Arbeiten in der Sturm-Galerie. Seine Frau Lucia zog mit ihrem Mann nach Weimar und arbeitete dort als freie Mitarbeiterin am Bauhaus.

Vom 15. August bis zum 30. September 1923 fand eine Bauhausausstellung statt. Insgesamt kamen etwa 15.000 Besucher nach Weimar und schauten sich die Bauhaus-Arbeiten an. Georg Muche entwarf das Musterhaus Am Horn, das für die Bauhausaustellung errichtet wurde. Theodor Bogler, der im letzten Sommer seine Gesellenprüfung abgelegt hatte, fertigte in der Keramikwerkstatt die Vorratsdosen für die Küche des Musterhauses. Meister Hartwig präsentierte sein Schachspiel, das in der Holzbildhauerei entworfen wurde. Lyonel Feininger druckte die Meistermappe mit Arbeiten aller Bauhausmeister. Im Rahmen der Ausstellung wollte Lothar Schreyer auf der Bauhausbühne sein Werk Mondspiel aufführen. Aufgrund des Protests der Studenten verließ Schreyer das Bauhaus. Stattdessen wurde das Triadische Ballett von Meister Schlemmer gezeigt, der die Leitung der Bühnenwerkstatt übernahm. Während der Organisation der Ausstellung lernte Walter Gropius die Journalistin Ise Frank kennen, die er im Oktober heiratete. Wassily Kandinsky und Paul Klee waren Trauzeugen. Das Ehepaar Gropius adoptierte Beate Forberg, die Tochter von Ilses verstorbener Schwester Ellen.

Anzeige der Bauhausbücher im Börsenblatt 1925, Autor: unbekannt
Anzeige der Bauhausbücher im Börsenblatt 1925, Autor: unbekannt
Aschenschale mit Zigarettenablage, Autor: Marianne Brandt, 1924 , Foto: Gunter Lepkowski
Aschenschale von Marianne Brandt, 1924 , Foto: Gunter Lepkowski

Im Jahr 1924 wurden die Bildhauerei-, die Glasmalerei- und die Bühnenwerkstatt, mangels Aufträgen,  geschlossen. Die keramische Werkstatt löste sich vom Bauhaus. Otto Lindig übernahm, gemeinsam mit seinem Schwager Theodor Bogler die Töpferei in in Dornburg. Später arbeitete er als Werkstattleiter in der Steingutfabrik Velten-Vordamm. Moholy-Nagy begann mit der Arbeit an der Bauhausbücherreihe, von denen die ersten acht Bände, ein Jahr später, im Münchner Albert Langen Verlag erschienen. In der Metallwerkstatt fertigten die Gesellen erste Serienproduktionen an, wie z.B. die Tischlampen von Carl Jacob Jucker, die er zusammen mit Wilhelm Wagenfeld  entwickelte. Marianne Brandt stellte dort einen handgefertigten Aschenbecher her. 

Alfred Arndt 1929 | Bauhausjungmeister 1929 – 1932 | Foto: Gertrud Arndt © Bauhaus-Archiv Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Alfred Arndt 1929 Jungmeister 1929 – 1932, Foto: Gertrud Arndt, Bauhaus-Archiv Berlin
Haus Auerbach in der der Schaefferstraße 9 in Jena, kurz nach der Fertigstellung 1924 - Foto: Karlheinz Schmidt (1863-1931)
Haus Auerbach in der der Schaefferstraße 9 in Jena, kurz nach der Fertigstellung 1924 – Foto: Karlheinz Schmidt (1863-1931)

Im April legte Alfred Arndt in der Werkstatt für Wandmalerei, die von Wassily Kandinsky und Hinnerk Scheper geleitet wurde, seine Gesellenprüfung ab. Er entwarf das Farbkonzept für das Haus Auerbach, das Walter Gropius und Adolf Meyer entworfen hatten. Ab 1926 arbeitete er als freier Architekt für Franz Itting und übernahm den Bau des Haus des Volkes in Probstzella, einer Gemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Schiefergebirge in Thüringen. Er heiratete die Studentin Gertrud Hantschk aus der Weberei und beide zogen 1927, nach Gertruds Abschluss in Glauchau, ins Schiefergebirge.

Bei der Landtagswahl in Thüringen bekam der Thüringer Ordnungsbund 1924 die Mehrheit der Stimmen. Die neue Regierung kürzte den Bauhaus-Etat und kündigte die  Lehrverträge. Im Dezember wurde die Auflösung in vielen Tageszeitungen veröffentlicht und am 31. März 1925 wurde sie rechtskräftig. 

Musterhaus
Musterhaus „Haus Am Horn“ von Georg Muche in Weimar
Bauhaus-Schachspiel (Modell I, 1922) von Josef Hartwig im Harvard Museum - Foto von Noahhoward April 2016
Bauhaus-Schachspiel (Modell I, 1922) von Josef Hartwig im Harvard Museum – Foto von Noahhoward April 2016
Plakat zur Bauhaus-Ausstellung in Weimar 1923, Entwurf: Joost Schmidt.
Plakat zur Bauhaus-Ausstellung in Weimar 1923, Entwurf: Joost Schmidt

Dessau | 1925 – 1932

Einweihung und Aufbau mit neuen Jungmeistern (Albers, Breuer, Scheper, Bayer, Stölzel, Schmidt)

Das Architekturbüro von Walter Gropius erhielt den Auftrag für den Bau einer neuen Schule in Dessau, der damaligen Hauptstadt des Freistaats Anhalt.Zusätzlich errichtete er, für die Lehrenden der Schule, eine Wohnsiedlung in einem kleinen Kiefernwald. Die Meisterhaussiedlung in der Ebertallee bestand aus einem Einzelgebäude für den Direktor und drei Doppelhäusern.Das Bauprojekt wurde von Hugo Junkers, dem Dessauer Oberbürgermeister Fritz Hesse und seinem Kulturreferenten Ludwig Grote unterstützt, die leitenden Architekten waren Carl Fieger und Ernst Neufert.

Baubeginn war im September 1925. Am 21. März 1926 war Richtfest und am 4. Dezember wurde die Schule eingeweiht und eröffnet. im Sommer 1926 zog Lyonel Feininger mit seiner Familie in das Haus Nr. 3 der Meisterhaus-Siedlung . Georg Muche und Oskar Schlemmer bezogen mit ihren Familien das Doppelhaus Nr. 14. Im zweiten Doppelhaus wohnten die Ehepaare Klee und Kandinsky. Das Bauhaus Dessau wurde als Staatliche Hochschule von Anhalt anerkannt. Viele Absolventen des Bauhaus Weimar unterrichteten dort als Jungmeister und stellten in den Bauhaus-Werkstätten die Inneneinrichtung für das neue Schulgebäude her. Lukas Theodor Feininger, der jüngste Sohn von Julia und Lyonel Feininger,  schrieb sich am Bauhaus Dessau ein und arbeitete in der Bühnenwerkstatt bei Oskar Schlemmer.

Marcel Breuer um 1928 | Bauhausjungmeister 1925 – 1928 | Foto: Irene Bayer © Bauhaus-Archiv Berlin / unbekannt
Marcel Breuer um 1928 Jungmeister 1925 – 1928, Foto: Irene Bayer Bauhaus-Archiv Berlin
Josef Albers | Bauhausjungmeister 1925–1933 | Foto: Ernst Louis Beck, undatiert. © Bauhaus Archiv Berlin / unbekannt.
Josef Albers                  Jungmeister 1925–1933, Foto: Ernst Louis Beck, Bauhaus Archiv Berlin 

Josef Albers, heiratete Anneliese (Anni) Fleischmann aus der Weberei und leitete den Vorkurs, anfangs gemeinsam mit Meister Moholy-Nagy. Marcel Breuer wurde Leiter der Tischlerei und stellte dort die Stahlrohrstühle für die neue Schule her, wie z.B. den Clubsessel B 3 (Wassily-Chair). Er heiratete die Studentin Martha Erps, gründete mit Kálmán Lengyel eine Möbelfirma in Berlin und baute die Kontakte zur Industrie weiter aus. Einige Jahre später trennte sich das Paar wieder, Martha  wanderte zu ihren Bruder Ludwig nach Brasilien aus und Marcel ging in die USA und wurde Professor an der Harvard Universität. Die Lampen für die neue Schule wurden hauptsächlich von Marianne Brandt entworfen.Nach dem Abschluss ihrer Gesellen-prüfung im Jahr 1926 wurde Marianne zwei Jahr später stellvertretende Leiterin der Metallwerkstatt.

Herbert Bayer 1932 | Bauhausjungmeister 1925–1928 | Selbstporträt © Bauhaus-Archiv Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Herbert Bayer 1932          Jungmeister 1925–1928,  Foto: Selbstporträt, Bauhaus-Archiv Berlin
Hinnerk Scheper 1927 | Bauhausjungmeister 1925–1933 | Foto: Lucia Moholy © Bauhaus-Archiv Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Hinnerk Scheper 1927 Jungmeister 1925–1933, Foto: Lucia Moholy  Bauhaus-Archiv Berlin 

Hinnerk Scheper wurde Leiter der neuen Werkstatt für Wandmalerei, übernahm die Farbgestaltung der Innenräume sowie weitere Restaurierungsarbeiten. Er zog mit seiner Frau Lou und seinem ältesten Sohn nach Dessau und unterrichte später auch am Bauhaus Berlin. Herbert Bayer heiratete die Fotografin Irene Hecht. Das Paar zog nach Dessau und Irene dokumentierte mit ihren Fotos den Alltag am Bauhaus. Herbert Bayer leitete die neue Werkstatt für Druck und Reklame, für die im neuen Dessauer Schulgebäude eine Buch-Druckerei eingerichtet worden war. Während seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus führte Herbert Bayer die DIN-Normung aller Drucksachen ein, entwickelte die Bauhaus-Schrift und setzte die Kleinschreibung durch. Kurz vor der Geburt ihrer gemeinsamer Tochter Julia Alexandra 1929 trennten sich die beiden wieder.

Joost Schmidt um 1930 | Bauhausjungmeister 1925–1932 | Foto: unbekannt
Joost Schmidt um 1930 Jungmeister 1925–1932, Foto: unbekannt
Gunta Stölzl um 1926 | Bauhausjungmeisterin 1925 – 1931 | Foto: unbekannt © Bauhaus-Archiv Berlin
Gunta Stölzl um 1926      Jungmeisterin 1925 – 1931, Foto: unbekannt, Bauhaus-Archiv Berlin

Gunta Stölzl wurde die erste weibliche Jungmeisterin und Werkmeisterin der Weberei in Dessau, in der Möbel- und Vorhangstoffe entstanden. Sie heiratete 1929 den Bauhaus-Studenten Arieh Sharon, der im Baubüro von Hannes Meyer die Bauleitung beim Bau der Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bernau übernahm. Im selben Jahr kam ihre gemeinsame Tochter Yael zur Welt. Joost Schmidt lehrte Typografie und Grafikdesign und übernahm die Leitung der neuen plastischen Werkstatt, die zusammengelegte ehemalige Stein- und Holzbildhauerei,  in der hauptsächlich Modelle angefertigt wurden. Er heiratete seine Kommilitonin Helene Nonné und blieb bis zu seinem Lehrverbot 1932 in Dessau. Georg Muche plante 1926 gemeinsam mit Richard Paulick das Stahlhaus in der von Gropius geplanten Siedlung Dessau-Törten. Ein Jahr später verließ er das Bauhaus und zog nach Berlin, um an der Kunstschule von Johannes Itten zu unterrichten. 1927 gründete Walter Gropius eine neue Architekturabteilung am Bauhaus Dessau und stellte den Schweizer Architekten Hannes Meyer als Leiter ein. Gropius gewann den Architektenwettbewerb für das Arbeitsamt in Dessau,  das 1929 fertiggestellt und eingeweiht wurde. 

Das Bauhausgebäude in Dessau um 1926, Autor: unbekannt
Das Bauhausgebäude in Dessau um 1926, Autor: unbekannt
Schriftbeispiel der Bauhausschrift von Herbert Bayer - Foto von Lebetonbrut 2012
Schriftbeispiel der Bauhausschrift von Herbert Bayer – Foto von Lebetonbrut 2012
Clubsessel B 3 von Marcel Breuer (Wassily-Chair) - Bild: vermutlich Borowski~commonswiki 2006
Clubsessel B 3 von Marcel Breuer (Wassily-Chair) – Bild: vermutlich Borowski~commonswiki 2006
Stahlhaus in Dessau von Richard Paulick und Georg Muche - Foto von Thomas Guffler September 2008
Stahlhaus in Dessau von Richard Paulick und Georg Muche – Foto von Thomas Guffler September 2008
Josef-Albers-Fenster im Grassimuseum in Leipzig - Foto: Frank Vincentz, August 2016
Josef-Albers-Fenster im Grassimuseum in Leipzig – Foto: Frank Vincentz, August 2016
Das ehemalige Arbeitsamt in Dessau 2012 - Foto von Video2005
Das ehemalige Arbeitsamt in Dessau 2012 – Foto von Video2005
Meisterhaussiedlung in Dessau 2023
Meisterhaussiedlung in Dessau 2023
Das Meisterhaus Feininger in der Ebertallee 63 inDessau-Roßlau - Foto: ©2024 visitdessau.com
Meisterhaus Feininger in der Ebertallee 63 in Dessau-Roßlau – Foto: ©2024 visitdessau.com
Innenansicht Atelier im Meisterhaus Kandinsky / Klee
Innenansicht Atelier im Meisterhaus Kandinsky / Klee

Dessau | 1928 – 1930

Walter Gropius und viele Meister gehen, Hannes Meyer wird Direktor

Walter Gropius kündigte im Mai 1928 und zog nach Berlin. Im selben Jahr kündigten László Moholy-Nagy, Herbert Bayer und Marcel Breuer, die ebenfalls nach Berlin gingen. Herbert Bayer gründete dort ein Atelier, verließ Deutschland 1934 und emigrierte drei Jahre später in die USA. Marcel Breuer trennte sich von seiner Frau und wanderte 1933 über Ungarn und London in die USA aus. Oskar Schlemmer begann seine Unterrichtsreihe Der Mensch und reichte im Sommer 1929 seine Kündigung ein. Auch er zog mit Frau und drei Kindern nach Berlin. Die Familie emigrierte 1933, zunächst in die Schweiz, und später in die USA.

Hannes Meyer 1938 | Bauhausdirekor1928 – 1930, Foto: unbekannt, © Bauhaus-Archiv.
Hannes Meyer 1938  Direktor 1928 – 1930, Foto: unbekannt, Bauhaus-Archiv

Hannes Meyer wurde Nachfolger von Walter Gropius. Er baute mit Hans Wittwer und seinen Bauhausstudenten den Campus der Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), einen 1930 fertiggestellten Gebäudekomplex in Bernau-Waldfrieden. Ein weiteres Bauprojekt war die Erweiterung der Siedlung Dessau-Törten mit fünf Laubenganghäusern. Unter dem neuen Direktor übernahm Josef Albers den Bauhaus-Vorkurs, Joost Schmidt die Reklameabteilung und Marianne Brandt kommissarisch die Leitung der Metallwerkstatt, die Kooperations-verträge mit dem Berliner Leuchtenhersteller Schwintzer & Gräff und der Leipziger Firma Körting & Mathiesen (Kandem) abschloss. Auch sie verließ 1929 das Bauhaus und leitete die Entwurfsabteilung einer Metallwarenfabrik in Gotha. Hannes Meyer schloss die Bauhaus-Bühne und vereinigte die Wandmalerei-, die Metall- und die Möbelwerkstatt zur neuen Ausbauabteilung. Er engagierte Alfred Arndt als Leiter, der 1929 mit seiner Frau Gertrud wieder nach Dessau zog. Die Familie wohnte in der Burgkühnauer Allee, in die Nähe der Meisterhaussiedlung. Alfred unterrichtete am Bauhaus bis 1932 Konstruktion, Entwurfszeichnen und Perspektive. Nach der Schließung des Bauhaus ging er zurück nach Probstzella und wurde Baurat in Jena. 1948 flüchtete er mit seiner Familie aus der Sowjetzone und siedelte sich in Darmstadt an. 

Laubenganghaus in der Dessauer Törten-Siedlung
Laubenganghaus in der Dessauer Törten-Siedlung 2023

Dessau, Berlin | 1930 – 1933

Ludwig Mies van der Rohe und die endgültige Auflösung des Bauhaus 

Das Bauhaus erhielt von einem neuen Stadtrat mit nationalsozialistischer Mehrheit keine staatlichen Zuschüsse mehr, die Studienzeit wurde verkürzt und die Lampenfirma Kandem und der Tapetenhersteller Rasch mussten ihre Zusammenarbeit mit dem Bauhaus einstellen.

Ludwig Mies van der Rohe, 1934, Bauhausdirektor 1930-1933 Foto: Werner Rohde, © Bauhaus-Archiv Berlin
Ludwig Mies van der Rohe, 1934, Direktor 1930-1933, Foto: Werner Rohde, Bauhaus-Archiv Berlin

Als Hannes Meyer im August 1930 von der Stadt Dessau wegen kommunistischer Machenschaften fristlos entlassen wurde, übernahm der Architekt Ludwig Mies van der Rohe das Direktorenamt und Josef Albers wurde sein Stellvertreter. Mies van der Rohe musste die Studiengebühren erhöhen, den Vorkurs abschaffen und alle Werkstätten zusammenlegen. 1931 verließ Gunta Stölzl, nach einem Aufstand in der Weberei, das Bauhaus und emigrierte mit ihrer Tochter in die Schweiz. Anni Albers übernahm die Werkstattleitung der Weberei. Gunta‘ s Mann Arieh eröffnete ein Architekturbüro in Tel Aviv und die Ehe wurde 1936 geschieden. Paul Klee wurde Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Anfangs pendelte er noch alle zwei Wochen zwischen Dessau und Düsseldorf, kündigte im April 1931 im Bauhaus und emigrierte zwei Jahre später in die Schweiz. Theodor Bogler wurde 1932 in der Benediktinerabtei Maria Laach in der Eifel zum Priester geweiht und das Bauhaus Dessau von der NSDAP geschlossen. Familie Feininger zog nach Berlin und wanderte fünf Jahre später nach New York aus. Mies van der Rohe versuchte, das Bauhaus als private Lehranstalt in einer leer stehenden Telefonfabrik in Berlin-Steglitz weiterzuführen aber das Gebäude wurde von der nationalsozialistischen Regierung  ab April 1933 versiegelt und der Mietvertrag mit dem Bauhaus aufgelöst. Am 10. August 1933 veröffentlichte Mies van der Rohe in einem Rundschreiben das endgültige Ende. Josef Albers und seine Frau Anni flohen, mit der Unterstützung von Philip Johnson, in die USA. Familie Kandinsky emigrierte nach Paris.

Das Gebäude des Bauhauses in der Birkbuschstraße in Berlin-Steglitz 1932, Foto: Howard Dearstyne
Das Bauhausgebäude in der Birkbuschstraße in Berlin-Steglitz 1932, Foto: Howard Dearstyne
 

London, USA, Berlin | nach 1934

Walter Gropius verlässt Deutschland und geht in die USA

1934 verließ auch Walter Gropius Deutschland, arbeitete zunächst mit Maxwell Fry in London und wohnte dort, wie auch Marcel Breuer und die Familie Moholy-Nagy, in den Isokon Flats, einem Appartementhaus des kanadischen Architekten Wells Coates. 1937 emigrierte Walter Gropius in die USA und baute dort ein Haus in Lincoln, indem er mit seiner Familie lebte, bis zu seinem Tod im Jahr 1969 . Im Jahr 1957 errichtete er im Berliner Hansaviertel das Walter-Gropius-Haus, ein neungeschossiger Wohnblock, der im Rahmen der Interbau entstand.

Das Isokon Appartementhaus (Isokon Building, Lawn Road Flats) in London 1934 , erbaut vom Architekten Wells Coates
Das Isokon Appartementhaus (Isokon Building, Lawn Road Flats) in London 1934, erbaut von Wells Coates

Weimar, Dessau, Berlin | nach 1945

Zerstörung und Wiederaufbau 

Die Bauhaus-Ideen wurden durch Netzwerke von Schüler und Lehrer in die ganze Welt getragen. Die Gebäude in Weimar und Berlin überstanden den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Das Fabrikgebäude in Berlin wurde 1974 abgerissen. In Weimar wurde die Schule während des Krieges zur Hochschule, nach dem Krieg durch die SMA-Thüringen antifaschistisch-demokratisch neu strukturiert, und im August 1946 wiedereröffnet.u DDR-Zeiten war sie dem Ministerium für Aufbau unterstellt und wurde um die Arbeiter- und Bauernfakultäten  Bauingenieurwesen, Baustoffkunde und Baustofftechnologie erweitert. Seit 1996 gehören die Gebäude zur Bauhaus-Universität Weimar, an der etwa 4000 Studierende Bauingenieurwesen, Medien, Kunst & Gestaltung sowie Architektur & Urbanistik studieren. Das Bauhausgebäude in Dessau wurde durch insgesamt 20 Luftangriffe teilweise zerstört. 1976 wurde es von der SED-Oberbürgermeisterin Thea Hauschild rekonstruiert und erneut als Zentrum für Kunst und Design genutzt. Heute befindet sich dort die Stiftung Bauhaus Dessau. Teile des Gebäudes werden von der Hochschule Anhalt und als Apartment-Hotel genutzt.

Zerstörtes Bauhausgebäude in Dessau nach dem Krieg
Zerstörtes Bauhausgebäude in Dessau nach dem Krieg
Das Bauhausgebäude in Dessau, Werkstattflügel von Südwesten - Foto von Spyrosdrakopoulos im September 2014
Das Bauhausgebäude in Dessau, Werkstattflügel von Südwesten – Foto von Spyrosdrakopoulos im September 2014